Gründungserklärung

Redaktion

Leipzig, 26.10.2019


Der Kampf gegen die Klimakrise als zentrale Gerechtigkeitsfrage unserer Zeit


Die Proteste von Fridays For Future und anderen haben den Klimaschutz und den Kampf für Klimagerechtigkeit mit Wucht in die öffentliche Debatte getragen. Die Folgen der weltweit sehr ungleich voranschreitenden Erderwärmung stellen eine existenzielle Bedrohung dar und betreffen insbesondere den globalen Süden, Frauen* und Kinder, Arme und Ältere, Migrant*innen und andere benachteiligte Gruppen. Der Klimawandel ist dadurch inzwischen ein zentraler Bestandteil der globalen Gerechtigkeitskrise - und die größte Herausforderung unserer Zeit: Wenn wir die Chancen künftiger Generationen auf ein gutes Leben für alle nicht weiter Stück für Stück verfeuern wollen, müssen wir umgehend tiefgreifende Umbauprozesse anstoßen.

Die Klimakrise stellt eine der größten Herausforderungen der Menschheit dar - auch für die Umsetzung sozialer Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. Ihre Auswirkungen sind an vielen Orten dieser Welt bereits heute Realität und kein vages Zukunftsszenario mehr. Ganze Inselstaaten versinken im Meer und wir erleben heute eines der größten Artensterben der Erdgeschichte. Der Natur werden keine Rechte zugestanden. Bei einer globalen Klimaerwärmung oberhalb 1,5 Grad Celsius gegenüber vorindustrieller Zeit drohen irreversible Klimakipppunkte.

 

Für eine andere Klimapolitik hier und jetzt!


Die jüngsten Weiter-so-Beschlüsse der Bundesregierung verfehlen sogar dieses Ziel deutlich und zeigen einmal mehr, dass es für ein wirkliches Umsteuern noch viel mehr Druck aus der Gesellschaft braucht. Die Klimagerechtigkeitsbewegung übt scharfe Kritik deswegen nicht nur an der Tatenlosigkeit der Regierung, sondern fordert aber auch von allen anderen politischen Akteuren konkrete Vorschläge für echte Klimapolitik. Die BAG Klimagerechtigkeit stellt sich an die Seite dieser Forderungen und kritisiert das sogenannte Klimapaket der Bundesregierung als mutlos, unzureichend und verantwortungslos. Wir betonen die Notwendigkeit für ein klimapolitisches Gesamtkonzept ordnungs- und förderpolitischer Maßnahmen, welche die internationalen Verpflichtungen Deutschlands zum globalen Klimaschutz, wie sie das Pariser Abkommen festlegt, sicherstellen. Die BAG Klimagerechtigkeit unterstreicht die Forderungen nach einer Klimapolitik, die den Maßstäben der Wissenschaft sowie den berechtigten Erwartungen weiter Teile der Gesellschaft, insbesondere der jungen Generation und auch unserer internationalen Verbündeten, insbesondere aus dem globalen Süden, gerecht wird. Als BAG Klimagerechtigkeit unterstützen wir die Vorhaben aus Zivilgesellschaft und Klimagerechtigkeitsbewegungen zur Ausarbeitung von Klimaschutzplänen "von unten", die der verfehlten Politik der Bundesregierung entgegengestellt werden. Wir erklären uns ebenfalls solidarisch mit den Bewegungen und Aktionen, die zur Umsetzung der Forderungen nach Klimagerechtigkeit Maßnahmen des zivilen Ungehorsams ergreifen. Wir möchten von diesen lernen und bieten Zusammenarbeit und die Nutzung unserer Strukturen sowie Infrastruktur an.


System Change not Climate Change!


Es ist absehbar, dass die notwendigen Emissionssenkungen nur erreicht werden können, wenn auch in der Arbeitswelt und Lebensweise der Menschen gewaltigeVeränderungen stattfinden. Forderungen nach einem Umbau zu einer klimagerechten Gesellschaft stoßen dabei nicht nur bei etlichen sozial Benachteiligten auf Widerstand, sondern auch bei vielen potenziell Strukturwandel-Betroffenen, die die berechtigte Sorge vor der Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen umtreibt. Zwanzig Jahre neoliberaler Kapitalismus haben uns eine Politik des Sozialabbaus und der fortschreitenden Ausbeutung begrenzter natürlicher Ressourcen beschert - kurz: Eine Politik zu Gunsten von Konzernen und Vermögenden auf Kosten der breiten Mehrheit und der Umwelt.

Für gerechte Lösungen muss dieses neoliberale kapitalistische Herrschaftssystem angegriffen und überwunden werden - auch weil seine Folgen wirksamen Klimaschutz erschweren. Je länger wir warten, desto schwieriger und ungerechter wird es werden. Gegen einen autoritären Kapitalismus helfen nur linke Antworten. Jahrhunderte ausbeuterischer Kolonialpolitik und das Abwälzen sozialer und ökologischer Kosten in die Länder des globalen Südens, der blinde Glaube an entfesselten Freihandel und das kapitalistische Wachstumsmantra sind wesentliche Voraussetzungen des ungleich verteilten Wohlstands zugunsten der Industrieländer. Aus der Perspektive internationaler Solidarität verlangt eine linke Klimapolitik daher auch die Auseinandersetzung mit der Frage nach ökologischer Schuld – eine der zentralen Forderungen der internationalen Klimagerechtigkeitsbewegung.

 

Die LINKE für Klimagerechtigkeit – wir verbinden Soziales und Ökologisches


Die LINKE war in der Vergangenheit eine der verlässlichsten Partnerinnen im Kampf gegen die neoliberale Agenda und wird dies auch künftig sein. Sie ist derzeit die einzige Partei im Bundestag, die mit Klimaschutzmaßnahmen nicht einfach nur den Status Quo retten möchte, sondern einen umfassenden Systemwechsel anstrebt.

Teile des politischen und gesellschaftlichen Diskurses versuchen, den notwendigen ökologischen Wandel gegen die soziale Frage auszuspielen. Wir finden, als LINKE ist es unsere Aufgabe, dem entschieden zu widersprechen und deutlich zu machen: Die ökologische und soziale Frage sind #unteilbar miteinander verbunden und können nur gemeinsam gelöst werden! Konsequente Klimapolitik schreit daher förmlich nach linken Antworten. Leider werden im politischen Tagesgeschäft entgegen den Bekenntnissen auf Parteitagen und in Wahlprogrammen, trotz jahrzehntelanger Bemühungen ökologisch Engagierter, u. a. der Ökologischen Plattform, immer wieder unbequeme Konsequenzen und das öffentliche Eintreten für linke Klimapolitik gescheut - die Stichworte Braunkohle und Verkehrswende seien hier nur stellvertretend für andere Negativbeispiele genannt. Gemeinsam möchten wir das ändern. Die LINKE muss sozial gerechte Klimapolitik zu einem ihrer Kernthemen entwickeln und entschieden vorantreiben, sonst verfehlt sie ihren Anspruch als moderne sozial-ökologische Partei. Sie muss sich deutlich energischer als bisher den konkreten Umbauprozessen zuwenden und in den Kämpfen für ein gerechtes Klima auch jenseits der Parlamente eine aktivere Rolle einnehmen.

All dies wird nicht von allein geschehen. Deshalb haben wir am 26.10.2019 in Leipzig die Bundesarbeitsgemeinschaft Klimagerechtigkeit (BAG Klimagerechtigkeit) in und bei der Partei DIE LINKE gegründet.

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