Energiekonzerne: Vergesellschaften wir die oder können die weg?
Das Energieunternehmen Uniper wurde gerade verstaatlicht. Innerhalb der LINKEN intensivieren sich in der aktuellen Energiekrise die Forderungen nach einer Vergesellschaftung bzw. Rekommunalisierung weiterer Energiekonzerne. Eine Stellungnahme der BAG Klimagerechtigkeit zur innerparteilichen Vergesellschaftungsdebatte.
Die Energiebranche in Deutschland ist aktuell in den unterschiedlichen Gliedern ihrer Wertschöpfungskette (Energieerzeugung, Energieverteilung und Energiehandel) von einer Mischung aus kapitalistischen und nichtkapitalistischen Organisations- und Entscheidungsstrukturen bestimmt. Darüber hinaus sind die bestehende Energieinfrastruktur und der Energiemarkt noch weitgehend auf fossile Energieträger zugeschnitten. Bei der Transformation hin zu einer hundertprozentig erneuerbaren Energieversorgung müssen Teilbereiche dieser Infrastruktur neu- oder ausgebaut, andere hingegen stillgelegt werden. Werden diese Rahmenbedingungen nicht berücksichtigt, besteht ein erhöhtes Risiko von staatlichen Fehlinvestitionen und Lock-In-Effekten. Fokus einer linken Politik sollte deshalb nicht die Vergesellschaftung großer Energiekonzerne sein, sondern die Vergesellschaftung von Bereichen der Energiewirtschaft, die für eine klimaneutrale Energieversorgung notwendig sind.
Die großen Energiekonzerne haben die erneuerbaren Energien nicht in dem Maße ausgebaut, wie sie gezwungen waren, ihre nuklearen und fossilen Erzeugeranlagen stillzulegen. Vielmehr kaufen sie in immer größeren Ausmaß Strom zu. Dies gilt auch für die großen Energiekonzerne in öffentlicher Hand, wie ENBW, EWE oder STEAG. Es ist nicht zu erwarten, dass nach einer Vergesellschaftung in den vorhandenen Strukturen plötzlich eine Ausbauoffensive in erneuerbare Energien gestartet werden kann.
Eine sozial-ökologische Energiewende bedarf einer strategischen, langfristigen und aktiven Wirtschaftspolitik.
Eine Vergesellschaftung international agierender Energiekonzerne mit ihren überwiegend fossilen Infrastrukturen ist für eine sozial-ökologische Energiewende nicht zielführend. Stattdessen sollten Vergesellschaftungen auf zukunftsfähige, für eine klimaneutrale Energieversorgung notwendige Sektoren der Energiewirtschaft beschränkt werden. Hier sind vor allem direkte Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und der Energiespeicherung, in Fertigungskapazitäten für Solar- und Windkraftanlagen sowie Wärmepumpen, günstiges Wärme-Contracting für Ein- und Zweifamilienhäuser, die Nationalisierung der Stromübertragungsnetze, die Rekommunalisierung von Stromverteilernetzen sowie Ausbau und Dekarbonisierung von Fernwärmenetzen zu nennen. Investitionen in den öffentlichen Nah- und Fernverkehr, sowie in eine (mietkostenneutrale) Gebäudedämmung, vor allem auch der Bestände der öffentlichen Wohnungsunternehmen, unterstützen die Energiewende durch eine Minderung des Energiebedarfs.
Diese staatlichen Investitionen müssen durch ordnungspolitische Maßnahmen flankiert werden, wie etwa ein verbindliches Enddatum für die Nutzung von Erdgas, eine Neustrukturierung des Strommarktes und Regelungen zur Verhinderung von Landgrabbing.
Wir brauchen mehr als eine nur eigentumsrechtliche Vergesellschaftung. Die Energiewende dürfen wir weder dem „Markt“ noch einzelnen öffentlichen Energieversorgungsunternehmen überlassen. Der notwendige Umbau der Energieinfrastruktur sowie die soziale und ökologische Regulierung von Verkauf und Produktion bedarf einer stetigen gesamtgesellschaftlichen Steuerung und Kontrolle.